Gegen das Klischee von der Politikverdrossenheit junger Menschen erzählt Dear Future Children eindrucksvoll von einer besonderen Form der politischen Teilhabe: dem Aktivismus. Das Team um Regisseur Franz Böhm begleitete drei junge Aktivist:innen aus Chile, Uganda und Hongkong bei ihrem Kampf für soziale Gerechtigkeit, gegen die Klimakrise und für Demokratie. Allen drei Erzählsträngen ist gemeinsam, dass sich die jungen Frauen für eine Form der politischen Partizipation entschieden haben, die mit enormen Folgen und Risiken für ihr Leben verbunden sind. Der Film zeigt die Verzweiflung der jungen Menschen, vor allem aber den großen Mut: Sie riskieren ihre Gesundheit, sie riskieren ihr gesamtes gegenwärtiges Leben. Ihre Motivation ist ihr Glaube an den Sieg der gerechten Sachen, an den Sieg der Vernunft, an ihr Recht auf eine Zukunft und ihr unbedingter Glaube an die Solidarität.
Franz Böhm folgte am 21.03.2023 der Einladung nach Göppingen. Dank der Kooperation mit dem Staufen Movieplex konnte sein preisgekrönter Dokumentarfilm unseren Schüler:innen der Klassen 10, 11 und 12 exklusiv gezeigt werden. Im Anschluss daran wurde es persönlich, spannend, tiefgreifend: Im Gespräch mit den Schüler:innen erzählt Böhm von Morddrohungen, die er und sein Team erhalten haben – von Menschen, die seinen Film lieber nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglichen sehen wollen. Er erzählt von Herausforderungen, dem knappen Budget, der Rolle als Underdog – aber auch von seiner Motivation für den Film und die Resonanz, die sein Werk bekommt.
Sehr oft sprechen die jungen Frauen im Film auch von ihren persönlichen Ängsten: „Pepper“ hat am meisten Angst vor der Polizeigewalt nach einer Verhaftung. Hilda hat Angst vor den Folgen des Klimawandels und davor, zu versagen. Rayen hat Angst davor, durch ein Gummigeschoss der Polizei ihr Augenlicht zu verlieren. Böhm hat keine Angst, sagt er, auch wenn einige der Situationen ihn und sein Team in Gefahr gebracht haben.
Am Nachmittag diskutierte Franz Böhm knapp 1,5 Stunden mit David Roth, Noah Frey, Felix Bosch (alle J2) und Jana Bonnet über die Frage nach der Legitimität verschiedener Protestformen – und offenbarte dabei seinen Blick auf die Gewaltbereitschaft einzelner Protestbewegungen: \“Lasst uns für einen Moment nicht den Begriff \’Gewaltbereitschaft\‘ nutzen, sondern von \’Verteidigungsbereitschaft\‘ sprechen\“, manchmal lasse die simple Änderung eines Begriffs nämlich auch zu, die eigene Position kritisch zu hinterfragen. Was entstand, war eine lebhafte Diskussion um Chancen und Grenzen verschiedener Protestbewegungen, die eigene Bereitschaft, an Grenzen zu gehen – und am Ende die Überzeugung, dass man nicht alles alleine machen muss, sondern dass jede kleine Form der Veränderung am Ende was bringt.
Danke, Franz Böhm, für deine Zeit; danke Staufen Movieplex für die Kooperation und danke Herr Biermann für die Organisation!