GK LK: Szenarien-Workshop zum Ukrainekrieg mit der Servicestelle Friedensbildung
06. Oktober 2025
Wie kann der Krieg in der Ukraine enden? Mit dieser komplexen und gleichermaßen bedrückenden wie realitätsnahen Frage setzte sich der Gemeinschaftskunde-Leistungskurs der J2 am Montag, den 6. Oktober, in einem ganztägigen Szenarien-Workshop auseinander. Durchgeführt wurde das Format von Clara und Melanie von der Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Friedensbildung an Schulen sichtbarer zu machen und konkret im Unterricht zu verankern.
Die beiden Referentinnen schufen einen sicheren Raum, in dem die Schüler:innen nicht nur faktenbasiert, sondern auch emotional und kreativ mit dem Thema arbeiten konnten. Zu Beginn stand die Frage: Wie fühlt ihr euch eigentlich, wenn ihr an den Ukrainekrieg denkt? – eine bewusst subjektive Perspektive, die viel mit dem individuellen Nachrichtenkonsum, aber auch mit Ohnmacht, Überforderung und politischem Interesse zu tun hat.
Es folgten eine kurze Wiederholung der historischen Hintergründe des Krieges sowie eine Einführung in zwei zentrale Denkweisen im Umgang mit Konflikten: Friedenslogik vs. Sicherheitslogik. Während die Friedenslogik den Konflikt als ein gemeinsames Problem betrachtet, das nur durch Kooperation und langfristige Beziehungspflege gelöst werden kann, geht die Sicherheitslogik davon aus, dass Bedrohungen durch Abschreckung, militärische Stärke oder nationale Abschottung eingedämmt werden müssen. Anhand dieser beiden Konzepte entwarfen die Schüler:innen in Kleingruppen vier sehr unterschiedliche Zukunftsszenarien für das Jahr 2035 – und versuchten, den fiktiven Rückblick auf das Kriegsende realitätsnah und differenziert zu gestalten:
- In einem Szenario führte eine Eskalation der Aufrüstung zur Wiederaufnahme eines Kalten Kriegs, der erst durch ökonomischen Zusammenbruch Russlands endete.
- Ein anderes beschrieb die gezielte Destabilisierung Putins durch verdeckte Geheimdienstoperationen europäischer Staaten – mit erfolgreichem Umsturz und Rückzug aus der Ukraine.
- Ein drittes Szenario erzählte von einem „brüchigen, aber historischen Frieden“, der militärisch erzwungen wurde, aber der Ukraine keine NATO-Mitgliedschaft mehr erlaubte – das Ergebnis langer Verhandlungen unter großen Verlusten.
- Ein viertes beschrieb den Weg über eine neue US-Außenhandelspolitik, die durch innenpolitische Umwälzungen eingeleitet wurde. Wirtschaftliche Isolation Russlands, verstärkt durch Klimawandel und Nahrungsmittelknappheit, zwangen das Land zu Friedensverhandlungen.
In der abschließenden Reflexion wurde das dritte Szenario von den meisten als realistischstes eingeschätzt – vor allem mit Blick auf die aktuelle Lage an der Front, die festgefahrenen Linien und die geopolitischen Interessen beider Seiten. Trotz der teilweise sehr kreativen und hypothetischen Zugänge war der Workshop kein „Planspiel“, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit realen Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik. Der Impuls „Bau dir dein Lieblingsszenario“ war dabei auch eine Einladung zum Nachdenken: Welche Zukunft wünschen wir uns für die Ukraine, für Europa – und was muss dafür geschehen? Auch wenn sich am Ende viele der Teilnehmer:innen wünschten, selbst mehr tun zu können, blieb der Workshop nicht folgenlos: Die Ideen, Perspektiven und Fragestellungen werden ihren Weg in den weiteren Unterricht finden – und vielleicht auch in den einen oder anderen politischen Diskurs außerhalb des Klassenzimmers.
Ein herzliches Dankeschön geht an Clara und Melanie von der Servicestelle Friedensbildung für die methodisch abwechslungsreiche und professionell durchgeführte Einheit – und an Frau Bonnet für die Organisation. Das Angebot steht Schulen kostenfrei zur Verfügung und verknüpft aktuelle Politik und Friedensbildung miteinander.