Holocaust-Überlebende Ruth Michel zu Gast am WHG

27. Februar 2024

Am Montag, 26. Februar 2024 fand am WHG eine bewegende Veranstaltung statt, bei der Frau Ruth Michel als Zeitzeugin von ihren persönlichen Erlebnissen berichtete. Zu diesem besonderen Termin durften wir auch die Abteilungspräsidentin Frau Rugart vom Regierungspräsidium Stuttgart bei uns begrüßen. Die 93-jährige Michel wurde im November 1928 in Königsberg geboren und floh als neunjähriges Mädchen mit ihrer Familie vor den Wirren des Zweiten Weltkriegs nach Mikuliczyn, einem polnischen Dorf nahe der rumänischen Grenze.

Ruth Michels Familiengeschichte ist von tragischen Schicksalsschlägen gezeichnet. Ihr Vater, jüdischer Herkunft, wurde während der deutschen Besatzung zusammen mit anderen Juden aus dem Dorf ermordet. Die kleine Schwester erlag später Tuberkulose. Ruth Michel und ihre Mutter, die Christin war, gelang nach Kriegsende die Rückkehr nach Königsberg.

Als Zeitzeugin hat sie den Holocaust zwar nicht in einem Konzentrationslager erlebt, jedoch waren ihre Erfahrungen im Polen jener Zeit dennoch von tiefer Tragik geprägt. Im Laufe ihres Lebens wurde sie Zahntechnikerin und siedelte später mit ihrem Mann in die Nähe von Stuttgart um.

Besonders berührend ist ihr Engagement für die Erinnerungskultur: Im Jahr 2010 besuchte sie das Massengrab in Mikuliczyn, wo sie und ihre Familie Schutz fanden. In einem bewegenden Akt ließ sie das Grab herrichten und eine Gedenktafel anbringen, um den Verstorbenen ein würdiges Andenken zu bewahren.

Es wurde deutlich, dass Ruth Michels Bericht nicht nur von persönlichen Verlusten, sondern auch von ihrer entschiedenen Haltung gegen das Vergessen geprägt ist. Bis heute lebt in Mikuliczyn kein einziger Jude mehr, doch Ruth Michel setzt sich unermüdlich dafür ein, dass die Erinnerung an die Geschehnisse dieser dunklen Zeit lebendig bleibt.

Unsere Schüler:innen  verfolgten gespannt die Ausführungen von Frau Michel und bekamen so einen einzigartigen Einblick in die Geschichte einer Zeitzeugin, die durch ihre bewegende Lebensgeschichte das Bewusstsein für die Schrecken des Holocausts schärfte. Sie unterstreichen die bedeutsame Rolle der Erinnerung an den Holocaust, insbesondere in Deutschland. In einer Zeit, in der sich der Rechtsextremismus verstärkt und extremistische Ideologien wieder an Einfluss gewinnen, wird die Wichtigkeit, sich der historischen Verantwortung bewusst zu sein, umso deutlicher. Der Holocaust ist nicht nur ein dunkles Kapitel der Geschichte, sondern ein Mahnmal, das vor den verheerenden Konsequenzen von Intoleranz, Hass und Diskriminierung warnt.

Die Schüler:innen wurden daran erinnert, dass es entscheidend ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen und sich gegen jegliche Formen von Extremismus und Diskriminierung zu stellen. Die Erinnerung an die Gräueltaten des Holocausts dient nicht nur dem Gedenken an die Opfer, sondern auch als Appell, sich aktiv für Menschlichkeit, Toleranz und Demokratie einzusetzen. Gerade in einer Zeit, in der extremistische Tendenzen zunehmen, ist es von zentraler Bedeutung, die Werte der Freiheit und Gleichheit zu verteidigen und gemeinsam dafür einzustehen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen.

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